„Mario Derra sieht den Geopark“ wird Dauerausstellung
08.07.2015
Doppeljubiläum „110 Jahre Altes E-Werk“ und „20 Jahre Künstler-Atelier in Gernsheim“
Gleich zwei Jubiläen gab es im voll besetzten Kesselhaus des Alten E-Werks in Gernsheim zu feiern: Der Bau des denkmalgeschützten Gebäudes war genau vor 110 Jahren – am 30. Juni 1905 - abgeschlossen worden. Als die Stadt dann im Jahr 1995 – nach einer wechselvollen Geschichte, in dem das Gebäude zuletzt als Lagerraum genutzt worden war – um Erhalt oder Abriss ging, nahm sich Mario Derra des Industriedenkmals an. Für den Künstler, der bis dahin in Bürstadt ansässig war, barg das Haus gleich mehrere Optionen: Seine zahlreichen, wertvollen historischen Druckpressen konnten museal präsentiert und sicher untergebracht werden, es war genug Raum für eine große Werkstatt vorhanden – und sogar für ein Atelier fand sich noch ausreichend Platz. Bevor dieser, sich ideal ergänzende Dreiklang entstehen konnte, wurde von Mario Derra viel geleistet:
So hat der Künstler zunächst weit über eine halbe Million Euro investiert, um das Gebäude und die wichtigsten Materialien für die Instandsetzung zu erwerben. In den folgenden 20 Jahren hat er das Alte E-Werk dann mit viel Eigenleistung sowie der Hilfe von Familie und Freunden sorgsam und originalgetreu - bis hin zu den eigens nachgebrannten Wandkacheln – renoviert und zu einem ganz besonderen Ort der Kunst und des Schaffens gestaltet. Gewürdigt wurde dieses Jubiläum von zahlreichen geladenen Gästen sowie hochrangigen Gastrednern.
So hob Professor Dr. Felix-Joachim Leonhard, früherer Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft und Kunst und Geopark Botschafter, in seiner Laudatio das vielschichtige Wirken von Mario Derra hervor, das sich vor allem im westlichen Teil des Geo-Naturparkgebietes durch eine Vielzahl von graphischen Auflagen niederschlägt aber auch durch buchwissenschaftliche Publikationen, die im In- und Ausland Beachtung finden. So ist u.a. die Anerkennung des Mainzer Psalters von Peter Schöffers als Weltdokumentenerbe auch auf Derras Initiative zurückzuführen. Als Vorsitzender der Deutschen UNESCO-Kommission für das Weltdokumentenerbe hatte Leonhard sich 2001 Südkorea für einzigartige Inkunabeln der Druckgeschichte erfolgreich eingesetzt. Derras Wirken sei darüber hinaus im dem asiatischen Kulturraum durch Publikationen und Ausstellungen bekannt.
Reinhard Diehl, Geschäftsführer des Geo-Naturparks, freute sich über die langjährige Zusammenarbeit mit Mario Derra und führte neben der erfolgreichen Ausstellung „Mario Derra sieht den Geopark“, die zu diesem besonderen Anlass Aufnahme in die Dauerausstellung fand, auch weitere Stationen seines Schaffens an. So war er auch in die Aktivitäten des Lorscher Jubiläumsjahres vielfach eingebunden – von der graphischen Gestaltung des Jubiläumsbuches (Heimat- und Kulturverein) über die Gestaltung mehrerer Ausstellungen des städtischen Kulturamtes bis hin zur Unterstützung bei der internationalen Paeonien-Kunstausstellung des Geo-Naturparks. Diehl dankte dem Künstler ausdrücklich für sein Schaffen und sein hohes Engagement für die Region und den Erhalt sowie die Vermittlung unserer Kulturgüter.
Von links nach rechts: Bürgermeister Peter Burger (Gernsheim), Landrat Thomas Will (Kreis Gross-Gerau), Dr. Jutta Weber (Presse Geopark), Reinhard Diehl (Geschäftsführer Geopark), Prof. Dr. Felix-Joachim Leonhard (Geopark Botschafter), Beate Leonhard-Stock. 2. Reihe: Jürgen Volkmann (Leiter Stadtmuseum Groß-Gerau), Dr. Eva Hanebutt-Benz (ehem. Leiterin Gutenberg-Museum, Mainz).
Dem schloss sich Landrat Thomas Will (Groß-Gerau) gerne an und bezeichnete Derra als einen Künstler, der wie kaum ein anderer für unsere Region steht und diese mit kritischem, aber liebevollen Blick auf unsere Heimat in unverklärter Weise und zeitgemäß gestaltet. Auch hob er hervor, dass Derra nicht nur ein anerkannter Fachmann in Sachen Druckkunst ist, sondern auch gefragter Lehrer, Forscher und Mitarbeiter in verschiedenen Museen - und auch im internationalen Austausch mit Kollegen aus aller Welt steht. Er äußerte den Wunsch, dass von diesem Künstler und seinem einzigartigen Industriedenkmal noch viele Impulse ausgehen mögen.
Auch Gernsheims Bürgermeister Peter Burger bezeichnete die Nutzung des Gebäudes als besonderen Glücksfall für die Schöfferstadt. Gerade in der Zeit, als südlich der Schafstraße eine Blockrandbebauung vorgesehen war, sei Mario Derra mit seinem Konzept auf die Stadt zugekommen. Nachdem sich das Gebäude nun zu einem lebendigen Ort der Begegnung entwickelt hat, bezeichnete er die damalige Entscheidung, dem Künstler das Gebäude zu verkaufen, als besonders glückliche Fügung.
Unter den geladenen Gästen konnte Derra auch langjährige Weggefährten, wie die ehemalige Leiterin des Mainzer Gutenberg-Museum, Dr. Eva Hanebutt-Benz, Jürgen Volkmann, Leiter des Groß-Gerauer Stadtmuseums sowie Dr. Jutta Weber (Geo-Naturpark), Mit-Initiatorin der Ausstellung, begrüßen. Auch Lorschs Bürgermeister Christian Schönung sowie Kulturamtsleiterin Gabi Dewald waren eigens angereist, um Derra und die Zusammenarbeit mit der Stadt im Rahmen des Lorscher Jubiläumsjahres zu würdigen.
Doppeljubiläum „110 Jahre Altes E-Werk“ und „20 Jahre Künstler-Atelier in Gernsheim“
Bis 1995 unterhielt Mario Derra sein Atelier in Bürstadt, ganz in der Nähe der Stadt Worms. Vor 20 Jahren im November 1995 unterzeichnete er den Kaufvertrag zum Erwerb des stark sanierungsbedürftigen E-Werks in Gernsheim.
Oktober 2015 (Gernsheim) Skulptur des Künstlers Mario Derra und Lichbildserie als Höhepunkte des Jubiläumsjahres „20 Jahre Atelier im 110 Jahre Elektrizitätswerk“
Zur Lichtbildschau über die Renovierung des stark sanierungsbedürftigen E-Werks vor 20 Jahren kamen EWR-Vorstandsmitglied Günter Reichart aus Worms und Bundestags-abgeordneter Gerold Reichenbach. Eindrucksvoll wurde die aufwändige Wiederherstellung des Kulturdenkmals gezeigt und auch auf die besonderen denkmalpflegerischen Aspekte eingegangen.
Gemeinsam mit dem 1. Vorsitzenden des Geoparks, dem Bergsträßer Landrat Christian Engelhardt. wurde die neu geschaffene Bronze-Skulptur, in der der Künstler gleich mehrere Bedeutungsebenen integriert hat, vor dem E-Werk enthüllt. Auf einem Basaltsockel ruhend, symbolisiert das Kunstwerk den Geo-Natur- park mit all seinen geologischen Baueinheiten. Ange- fangen vom Ried und der Bergstraße über den kristallinen und den Buntsandstein-Odenwald bis hin zur Muschelkalklandschaft mit Fossilien reicht das Spektrum – fachlich exakt angeordnet und künstlerisch in Szene gesetzt. Sogar die Eingangstore des Geo-Naturparks sind symbolisch integriert. Ein gelungenes Kunstwerk, das im Geo-Naturpark und weit darüber hinaus einzigartig ist.
Infos: 06258-4828
Bei der Vorstellung
"Steinschnecke mit Ceratit" Okt. 2015
von links nach rechts:
Geopark Geschäftsführer Reinhard Diehl, Dr. Jutta Weber (Presse) Prof.Dr. Joachim-Felix Leonhard (Geopark-Botschater) Mario Derra und Landrat Christian Engelhardt (1. Vorsitzender des Geo- Naturparks)
Am 30. Juni 1905 feierte man den Tag der Inbetriebnahme des Gernsheimer Elektrizitätswerks und war froh über die Ablösung der unzuverlässigen Petroleumlampen. Nur wenige Jahre später, nachdem man die zahlreichen Nutzungsmöglichkeiten des elektrischen Stroms erkannt hatte, waren die Grenzen der Kapazität dort allerdings erreicht. Man brach den gemauerten Dampfkessel ab, ersetzte die Zwillings-kolbendampfmaschine durch ein leistungsfähigeres Dieselaggregat und bezog zusätzlich Strom vom Elektrizitätswerk Rheinhessen (EWR) in Worms. Bald erzeugte man nur noch dann selbst Strom, wenn es sich in Zeiten des maximalen Bedarfs lohnte. Die Versorgung überließ man weitgehend dem verlässlichen Partner EWR aus dem nahen Worms.
Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg mit noch heute sichtbaren Spuren im Dachgerüst erfolgten der Wiederauf-bau und erneute Aufnahme des Betriebs, noch immer mit 110 Volt Gleichstrom. Erst 1954 legte die Stadt Gernsheim ihr E-Werk still. Das EWR erneuerte das in die Jahre gekommene Leitungssystem, wurde zum Netzbetreiber in Gernsheim und stellte auf 220 Volt Wechselspannung um. Das Gebäude war nun frei und wurde für viele Zwecke verwendet. 1995 erwarb Mario Derra das stark sanierungs- bedürftige und denkmalgeschützte Gebäude von der Stadt Gernsheim für 500.000 DM und investierte mindestens nochmals den gleichen Betrag für die Renovierung, die weitgehend in Eigenleistung erfolgte. Das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst unterstützte das aufwändige Projekt mit einem Zuschuss von 30.000 DM.
Schon zu der Zeit als der Künstler sein Atelier noch in Bürstadt betrieb, veranstaltete der Energieversorger EWR wichtige Ausstellungen mit Mario Derra und förderte seine Publikationen. Sein künstlerisches Hauptwerk, der Holzschnittzyklus „Peter Schöffer und die Entfaltung der beweglichen Lettern“ wurde, wie auch die aufwändige Renovierung des Alten E-Werks, ebenfalls von EWR unterstützt. Von 1997 bis 2012 stellte das Unternehmen eine Sammlung wertvoller historischer Elektrotechnik als Leihgabe zur Verfügung, die bei den zahlreichen Veranstaltungen immer wieder die Blicke der Besucher auf sich zog. Mario Derra dankt EWR für die vielfältige Unterstützung in den letzten vier Jahrzehnten und freut sich auf weitere konstruktive Zusammenarbeit.
running